Software für agile Projekte

Grundsätzlich ist eine der Ideen einer agilen Vorgehensweise für die Organisation eines Projekts, einfache Prozesse und Werkzeuge zu verwenden. Für viele Projekte ist es auch tatsächlich ausreichend und sogar förderlich, für die Planung und Durchführung des Projekts nur Papier und Buntstifte zu verwenden. So lenkt ein handgemaltes Flipchart auf Papier die Aufmerksamkeit viel weniger vom eigentlichen Inhalt ab als eine aufwendig gestaltete Powerpoint-Präsentation.

Je mehr Team-Mitglieder aber in einem Projekt tätig sind und je mehr sie räumlich getrennt ihrem Tagesgeschäft nachgehen, desto schwieriger wird es, mit solchen zentralen Ressourcen effizient arbeiten zu können. Eine Kartonkarte gibt es nur einmal und wenn man jedes Mal den inneren Schweinehund überwinden muss, um ein Requirement zu lesen, beeinträchtigt das schnell die Kreativität. Es bietet sich daher in fast allen von uns betreuten Projekten an, über den Einsatz zumindest einiger einfacher Software-Lösungen nachzudenken.

Freie Daten

In der Realität ist es meist so, dass ein Projekt-Team Pionierarbeit leistet und eine Software erstmalig im Unternehmen einführt, die dann in Folgeprojekten einfach übernommen wird. Es scheint daher durchaus lohnenswert, sich vor dem Einsatz einer Software ein paar Gedanken zu den Rahmenbedingungen zu machen. So hat sich herausgestellt, dass es große Vorteile haben kann, wenn die in der Software verwalteten Daten sich dort nicht in einem „Gefängnis“ befinden, sondern einfach mit anderen Systemen geteilt und im Zweifelsfall einfach exportiert werden können. Das kann ein einfacher Export als Text- oder Tabellen-Datei sein, die Möglichkeit, Tabellen zu importieren oder sogar der Datenaustausch kompletter Projekte von einem System zum anderen als JSON- oder SQL-Datei.

In den letzten Jahren scheint sich diese Datenfreiheit immer mehr durchzusetzen, weil die Anbieter von Software merken, dass dies eher eine vertrauensfördernde Maßnahme ist und Kunden lieber Kunden bleiben, weil sie dürfen und nicht, weil sie müssen. So kann man zum Beispiel ein Trello-Projekt mit wenigen Klicks in ein Wekan-System übernehmen und umgekehrt. Und während mittlerweile fast alle Textverarbeitungssysteme Microsoft-Dateien lesen und schreiben können, werden Dateien im Open-Document-Format („ODT“), welches u.a. von OpenOffice und LibreOffice verwendet wird, mit relativ großer Sicherheit auch in ferner Zukunft noch lesbar sein, weil sowohl die Dokumentation des Formats als auch die Software zum Bearbeiten offen für jedermann verfügbar ist.

Freie und quelloffene Systeme

Über die Freiheit der Daten hinaus gibt es, wie im Beispiel von LibreOffice, zwei weitere Aspekte bei der Auswahl von Software: Nutzungsart und Lizenzierung. Bei der Nutzungsart gibt es grundsätzlich Systeme, die man selbst betreibt und solche, die man, meist per Web-Browser, einfach nur nutzt. So kann man die Kanban-Board-Software Wekan auf eigenen Servern betreiben oder man nutzt einen Dienst, der sie für die Nutzung zur Verfügung stellt. Man spricht hier von „SaaS“ oder „Software as a Service“.

Bei der Lizenzierung gibt es grundsätzlich Anbieter, bei denen man die Dienstleistung, zum Beispiel in Form von monatlichen Beiträgen pro Benutzer oder Projekt, bezahlt oder die Software unabhängig von der Art der Nutzung kaufen oder mieten muss. Und dann gibt es Software, die quelloffen und kostenfrei nutzbar sind. Die Ersteller der Software sind entweder Konsortien unterschiedlicher Art oder Unternehmen, die mit dem Service rund um das Produkt Geld verdienen.

Es gibt bei quelloffener und freier Software grundsätzlich zwei Lager: einmal Lizenzen, die nach dem Modell der MIT-Lizenz gestaltet sind und die, die der GPL-Lizenz folgen. Während sich erstere meist damit begnügen, dass bei Weitergabe der Software auf den Urheber verwiesen wird, schreibt die GPL vor, dass neu entstehende Software-Projekte zwingend auch wieder quelloffen verfügbar gemacht werden müssen und in diesem Sinne für immer „frei“ sind. Pauschal bezeichnet man die einen als „quelloffen“ (Englisch „Open Source“ oder „free as in beer“), die anderen als „frei“ (English „free“, „libre“, oder auch „free as in speech“). Für einen Einsatz, der sich rein auf die Nutzung vorhandener Software-Titel beschränkt, spielt das eine eher untergeordnete Rolle, politisch ist es mittlerweile höchst brisant.

Der wichtigste Aspekt für den Benutzer ist, dass freie oder quelloffene Systeme nicht einfach entzogen werden können, weil der Anbieter insolvent ist oder die Nutzung plötzlich nach einer Änderung eines Geschäftsmodells das Zehnfache kostet. Dafür muss man sich allerdings selbst um den Betrieb der Software und Dinge wie die Datensicherung und -sicherheit kümmern, was zwar in der heutigen Zeit der Dauerangriffe unbedingt Experten überlassen werden sollte, von erstaunlich vielen vermeintlich professionellen Cloud-Dienstleistern aber eher nachlässig gehandhabt wird.

Datenschutz

Spätestens seit den Enthüllungen rund um die Tätigkeiten diverser Geheimdienste im In- und Ausland und den vielen Meldungen zu Einbrüchen bei Anbietern von Software-Lösungen in letzter Zeit ist das Thema Datenschutz im Mainstream angekommen. Zu wissen, wer denn jetzt wirklich genau Zugriff auf eventuell sensible Projektdaten hat, kann für viele Firmen durchaus ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von Produkten sein. Selbst betriebene und vor allem freie und quelloffene Lösungen haben den Vorteil, dass man sich nicht auf Versprechen Dritter verlassen muss, sondern selbst bestimmt, auf welcher Festplatte welche Daten landen - und auf welcher nicht.

Seit 2018 gilt außerdem in der EU die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die eine Reihe konkreter Anforderungen an Unternehmen beinhaltet, was die Verarbeitung personenbezogener Daten angeht. Die Wichtigste hierbei ist die Pflicht zu kontrollieren, wer welche personenbezogenen Daten zu welchem Zweck verarbeiten und einsehen kann. Alleine das ist bei einer SaaS-Lösung für den Kunden oft immer noch schwierig festzustellen.

Software-Kategorien

Die meisten Software-Tools im Umfeld agiler Software sind web-basierte Projektmanagement-Lösungen, die Anforderungen und Sprint-Zyklen sowie meist einen Backlog verwalten. Ein Großteil der Lösungen kommen aus dem Bereich der Software-Entwicklung, weil hier agile Methoden ihren Anfang genommen haben. Trotzdem können viele dieser Werkzeuge wunderbar auch in anderen Bereichen zu verschiedenen Zwecken verwendet werden und nach und nach gibt es immer mehr Lösungen und Funktionen, die über die Anforderungen bei der Software-Entwicklung hinaus gehen. Grundlegende Funktionen sind zum Beispiel: Beispiele von Software-Lösungen für diese Kategorie: Alle anderen Lösungen sind mehr oder weniger Standard-Software, die für verschiedene Prozesse im Umfeld eines agilen Projekts eingesetzt werden kann. Grundsätzlich hat es sich bewährt, für einfache Anforderungen auch einfache Werkzeuge zu verwenden: Ein interessanter Trend der letzten Zeit sind Systeme, die das gemeinsame Bearbeiten von Text- und Tabellendokumenten erlauben. Während Tabellen-Dateien auf einem Netzlaufwerk fast immer genau dann durch einen anderen Benutzer gesperrt sind, wenn man dringend eine Liste pflegen muss, kann man mit Office365, Open-Xchange oder Nextcloud längst mit mehreren Benutzern gleichzeitig an einem Dokument arbeiten und sieht Änderungen der anderen Benutzer in Echtzeit auf dem eigenen Bildschirm.

Die passende Software finden

Wie findet man also die passende Software für den Einsatz im eigenen Projekt? Natürlich kann man immer eine Suchmaschine im Internet verwenden, was vor allem dann gut funktioniert, wenn man sehr spezielle Anforderungen zu erfüllen hat. Die oben genannten Beispiele bieten für allgemeine Anforderungen einen ersten, kurzen Überblick. Weiterhin gibt es mit „Selfhosted“ eine Liste von quelloffenen Systemen, die ständig aktualisiert und gepflegt wird und auch Links zu online verfügbaren Demo-Systemen bietet. Hat man bereits ein System in der näheren Auswahl und möchte Alternativen dazu kennenlernen, hilft die Seite AlternativeTo. Für eine weitergehende Recherche zu diesem Thema ist Wikipedia wie immer ein guter erster Anlaufpunkt.

Und ob man bei der Suche nach passenden Software-Lösungen noch ganz am Anfang steht oder bereits Erfahrungen damit gesammelt hat, ist oft der Austausch mit erfahrenen Projektteams oder spezialisierten Dienstleistern ein guter Weg, den Einsatz dieser Lösungen so effizient wie möglich zu gestalten und Fallstricke möglichst von Anfang an zu umgehen.